Fachbeitrag von Steuerberater Bernhard Wenhardt
Fehlerquellen und Risiken – Auswirkungen bei der GmbH und ihrem Gesellschafter
Die Betriebsaufspaltung ist ein Instrument, das sich in der Praxis großer Beliebtheit erfreut. Dies gilt zumindest für die gewollte Betriebsaufspaltung. Aber es darf nicht übersehen werden, dass auch bei dieser Konstruktion die Gefahr von verdeckten Gewinnausschüttungen (vGA) besteht, welche zu steuerlichen Mehrbelastungen führen können. Der vorliegende Beitrag zeigt häufige Ursachen für eine vGA bei einer Betriebsaufspaltung auf und wie man diese vermeiden kann.
Überblick:
1. Wesen und steuerliche Folgen einer Betriebsaufspaltung
2. VGA und ihre steuerlichen Auswirkungen
3. VGA-Fallen bei einer Betriebsaufspaltung
4. Folgen einer vGA bei einer Betriebsaufspaltung
5. Besonderheiten
1. Wesen und steuerliche Folgen einer Betriebsaufspaltung
Von einer Betriebsaufspaltung ist regelmäßig auszugehen, wenn ein oder mehrere Gesellschafter (Besitzunternehmen) eine wesentliche Betriebsgrundlage an „ihre“ Kapitalgesellschaft (Betriebsunternehmen) zur Nutzung überlassen (vermieten oder verpachten, sogenannte sachliche Verflechtung) und die gleiche Person (Personengruppe) sowohl das Besitzunternehmen als auch das Betriebsunternehmen in dem Sinne beherrscht, dass sie in beiden Unternehmen ihren geschäftlichen Betätigungswillen durchsetzen kann (sogenannte personelle Verflechtung).
Liegen die Voraussetzungen einer personellen und sachlichen Verflechtung vor, ist die Vermietung oder Verpachtung keine Vermögensverwaltung mehr, sondern eine gewerbliche Vermietung oder Verpachtung. In
diesem Fall ist das Besitzunternehmen ein Gewerbebetrieb. Dies führt dazu, dass die Miet- oder Pachterträge gewerbliche Einkünfte (und keine Mieteinkünfte) sind, welche auch der Gewerbesteuer unterliegen (vgl. auch BFH vom 29.11.2012, Az. IV R 37/10, GmbH-Stpr 2013, S. 245). Weitere Konsequenz ist, dass die verpachteten Wirtschaftsgüter Betriebsvermögen darstellen. Kommt es zur Beendigung der Betriebsaufspaltung, so findet eine Versteuerung der in den Wirtschaftsgütern enthaltenen stillen Reserven statt. Auch die Anteile an der Betriebs-GmbH gehören grundsätzlich zum Betriebsvermögen des Besitzunternehmens.
- Sachliche Verflechtung
Die sachliche Verflechtung liegt vor, wenn mindestens eines der überlassenen Wirtschaftsgüter für die nutzende Betriebs-GmbH eine wesentliche Betriebsgrundlage darstellt. Hierunter fallen insbesondere Grundstücke (bebaute wie auch unbebaute). Ein Büro- und Verwaltungsgebäude ist ebenfalls eine wesentliche Betriebsgrundlage, wenn es die räumliche und funktionale Grundlage für die Geschäftstätigkeit des Betriebsunternehmens bildet – was bei vermieteten Gebäuden regelmäßig der Fall ist. Wesentliche Grundlagen eines Betriebs sind weiterhin Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die zur Erreichung des Betriebszwecks erforderlich sind und ein besonderes wirtschaftliches Gewicht für die Betriebsführung der Betriebs-GmbH haben (z.B. Produktionsmaschinen).
- Personelle Verflechtung
Eine personelle Verflechtung liegt vor, wenn die hinter beiden Unternehmen stehenden Personen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen haben. Dabei reicht es für die Beherrschung von Besitz- und Betriebsunternehmen aus, wenn an beiden Unternehmen mehrere Personen beteiligt sind, die zusammen beide Unternehmen beherrschen. Dies gilt auch im Fall von Familienangehörigen.
Beispiel:
A hat sein Grundstück an die A-GmbH verpachtet. Gesellschafter der A-GmbH sind A mit 70% und B mit 30%. Das Grundstück nutzt die GmbH für die Herstellung und Lagerung ihrer Produkte.
Es besteht im vorliegenden Fall eine Betriebsaufspaltung. Das von A verpachtete Grundstück ist als wesentliche Betriebsgrundlage bei der A-GmbH anzusehen. Grundstücke, die der Fabrikation dienen, rechnen regelmäßig zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung (vgl. auch BFH, Urteil vom 12.9.1991, Az. IV R 8/90, BStBl II 1992, S. 347 und BFH, Urteil vom 26.3.1992, Az. IV R 50/91, BStBl II 1992, S. 830). Die sachliche Verflechtung ist somit gegeben. Aber auch die personelle Verflechtung liegt vor. Denn A kann mit seiner Beteiligungsquote von 70% seinen Geschäftswillen sowohl im Betriebsunternehmen als auch im Besitzunternehmen durchsetzen.
2. VGA und ihre steuerlichen Auswirkungen
Unter einer vGA versteht man eine Vermögensminderung oder die Verhinderung einer Vermögensmehrung bei einer GmbH (allgemein: einer Kapitalgesellschaft), die
- durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist,
- sich auf die Höhe des Gewinns auswirkt,
- in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht und
- geeignet ist, beim Gesellschafter einen Beteiligungsertrag zu bewirken.
Die Folgen der verdeckten Gewinnausschüttung sind
a) bei der GmbH: Als vGA qualifizierte Vergütungen werden außerbilanziell in der Höhe und zum Zeitpunkt der unzutreffenden Gewinnminderung dem bilanziell ermittelten Gewinn der Gesellschaft hinzugerechnet. Der
Hinzurechnungsbetrag unterliegt dabei der Körperschaftsteuer (15%) und der Gewerbesteuer, die ihrerseits nicht als Betriebsausgabe abzugsfähig ist. Infolge der erhöhten Körperschaftsteuerbelastung erhöht sich
auch der Solidaritätszuschlag;
b) beim Gesellschafter: Erhält der Gesellschafter im Rahmen einer Betriebsaufspaltung eine verdeckte Gewinnausschüttung, erzielt er (da seine Beteiligung an der GmbH Betriebsvermögen darstellt) Einkünfte aus
Gewerbebetrieb (§ 15 Abs. 1 EStG). Diese sind nach dem sogenannten Teileinkünfteverfahren zu versteuern (siehe hierzu Punkt 5).
• Beherrschender Gesellschafter
Eine beherrschende Stellung eines GmbH-Gesellschafters liegt im Regelfall dann vor, wenn der Gesellschafter die Mehrheit der Stimmrechte besitzt und deshalb bei Gesellschafterversammlungen entscheidenden Einfluss ausüben kann. Bei einer Betriebsaufspaltung gehört das Besitzunternehmen regelmäßig einem beherrschenden Gesellschafter. Damit Verträge mit beherrschenden Gesellschaftern steuerlich anerkannt werden, müssen diese zivilrechtlich wirksam sein. Eine Wirksamkeitsvoraussetzung ist ein eventuell bestehendes Schriftformerfordernis.
3. VGA-Fallen bei einer Betriebsaufspaltung
Liegt eine klassische Betriebsaufspaltung vor (Besitzunternehmen – Betriebs-GmbH), besteht regelmäßig auch die Gefahr von vGA. Als wichtigste Vermeidungsstrategie kann hier angeraten werden, in den unten aufgeführten Fällen insbesondere keine überhöhten Zahlungen zu vereinbaren.
• Überhöhte Pacht
Pachtzahlungen stellen beim Besitzunternehmen Betriebseinnahmen und bei der Betriebs-GmbH Betriebsausgaben dar. Zahlt die Betriebs-GmbH an das Besitzunternehmen eine überhöhte Pacht, so ist von einer vGA auszugehen. Zur Angemessenheit der Pacht vgl. GmbH-Stpr 2014, S. 33, GmbH-Stpr 2010, S. 256; zur Zulässigkeit einer umsatzabhängigen Pacht vgl. FG Brandenburg, Urteil vom 7.1.2014 = GmbH-Stpr 2014, S. 282.
Zu der Frage, wann bei einer Pachtzinsanpassung vGA drohen, vgl. FG München vom 12.11.1992 = GmbH-Stpr 1992, S. 130.
• Überhöhte Gehaltszahlungen
Zahlt die GmbH an den Besitzunternehmer für dessen Geschäftsführung bei der Betriebs-GmbH überhöhte Gehälter, sind diese ebenfalls vGA. Als gehaltsbildende Faktoren kommen ausschließlich die wirtschaftlichen Verhältnisse der Betriebs-GmbH infrage. Umsatz und Rentabilität des Besitzunternehmens bleiben außen vor (BFH vom 9.11.2009, Az. I B 77/09 = GmbH-Stpr 2010, S. 182).
• Überhöhte Kaufpreise
Werden von dem Besitzunternehmen an die Betriebs-GmbH Wirtschaftsgüter zu einem überhöhten Kaufpreis veräußert, kommt es ebenfalls zu vGA.
• Übergang des Geschäftswerts
Geht der bei der Begründung einer Betriebsaufspaltung im bisherigen Einzelunternehmen entstandene Geschäftswert auf die neu gegründete Betriebs-GmbH über, dann liegt keine verdeckte Gewinnausschüttung vor, wenn die Betriebs-GmbH dem bisherigen Einzelunternehmer ein angemessenes Entgelt für den übergegangenen Geschäftswert zahlt (vgl. auch BFH, Urteil vom 27.3.2001, Az. I R 42/00 = GmbH-Stpr 2002, S. 26).
• Pensionszusagen
Sind die Bezüge bei Pensionszusagen an den Gesellschafter-Geschäftsführer unangemessen, so kommt es auch hier zu einer verdeckten Gewinnausschüttung. Eine Auswirkung hat dies zunächst nur auf der Ebene der Betriebs-GmbH, bei der es hierdurch zu einer Gewinnminderung kommt. Da keine tatsächliche Auszahlung stattfindet, ergeben sich keine Konsequenzen beim Gesellschafter-Geschäftsführer.
• Verzicht auf Lizenzeinnahmen
Auch wenn die Betriebs-GmbH dem Besitzunternehmer die aus einer Weitervergabe des Nutzungsrechts herrührenden Vergütungen überlässt, ist eine vGA gegeben (vgl. auch BFH, Urteil vom 6.11.1991, Az. XI R 12/87 = GmbH-Stpr 1992, S. 116).
4. Folgen einer vGA bei einer Betriebsaufspaltung
Wie sich eine vGA bei bestehender Betriebsaufspaltung auswirkt soll im Folgenden erläutert werden.
Beispiel:
A hat sein Grundstück an die A-GmbH verpachtet, deren alleiniger Gesellschafter er ist. Beim Grundstück handelt es sich um ein Fabrikationsgrundstück. Für das Grundstück ist ein steuerlich anzuerkennender Pachtvertrag zwischen dem Besitzunternehmen und der Betriebs-GmbH abgeschlossen. Laut Pachtvertrag muss die GmbH jährlich eine Pacht von 250.000 € zahlen. Die angemessene Pacht beträgt jedoch nur 200.000 €.
Auswirkung der vGA bei der Betriebs-GmbH: Es liegt eine vGA in Höhe von 50.000 € an A vor (tatsächliche Pachtzahlungen von 250.000 € abzgl. der angemessenen Pacht in Höhe von 200.000 €).
Da eine vGA den Gewinn des Betriebsunternehmens nicht mindern darf, muss diese, sofern sie als Betriebsausgabe behandelt wurde, bei der Ermittlung des Gewinns der Betriebs-GmbH wieder hinzugerechnet werden (hier in Höhe von 50.000 €). Die vGA unterliegt dann dem normalen Körperschaftsteuersatz von 15% und darauf noch dem Solidaritätszuschlag von 5,5%. Zudem kommt auch noch die gewerbesteuerliche Belastung hinzu.
Auswirkung der vGA beim Besitzunternehmen: Das Besitzunternehmen erzielt gem. § 20 Abs. 8 EStG keine Einkünfte aus Kapitalvermögen, sondern gewerbliche Einkünfte. Hierzu zählen in diesem Fall auch die verdeckten Gewinnausschüttungen. In Höhe der vGA wird der Miet- oder Pachtertrag des Besitzunternehmens in einen Beteiligungsertrag umgewandelt. Es kommt dann das Teileinkünfteverfahren (nicht die Abgeltungsteuer) zur Anwendung (dazu sogleich). Auch der Sparerfreibetrag kommt nicht zur Anwendung. Wie oben berechnet, beträgt die vGA 50.000 €. Als Betriebsausgaben bei der GmbH sind die angemessenen Pachtzahlungen in Höhe von 200.000 € anzusetzen.
Die Beteiligungserträge (in Form der vGA), die mit in die gewerblichen Einkünfte des Gesellschafters einfließen, betragen 60% von 50.000 € = 30.000 €.
5. Besonderheiten
• Teileinkünfteverfahren
Kommt das Teileinkünfteverfahren zur Anwendung, sind – wie oben dargestellt – 60% der vGA zu versteuern. Gleichermaßen können 60% der Betriebsausgaben, die mit der vGA zusammenhängen, abgezogen werden (§ 3 Nr. 40 EStG, § 3c Abs. 2 EStG).
• Gewerbesteuer-Anrechnung
Wenn eine gewerbesteuerliche Belastung für den Besitzunternehmer eintritt (z.B. weil die gewerblichen Einkünfte den Gewerbesteuer-Freibetrag von 24.500 € übersteigen), kommt es über § 35 EStG zu einer einkommensteuerlichen Entlastung. Denn diese Vorschrift sieht eine Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer vor. Im Einzelnen sieht dies so aus, dass sich die tarifliche Einkommensteuer ermäßigt, soweit sie anteilig auf die in dem zu versteuernden Einkommen enthaltenen gewerblichen Einkünfte entfällt, und zwar
- bei einem Besitzunternehmer um das 3,8-Fache des jeweils für den dem Veranlagungszeitraum entsprechenden Erhebungszeitraum für das Unternehmen festgesetzten Gewerbesteuer-Messbetrags,
- bei einem Besitzunternehmen (Personengesellschaft) um das 3,8-Fache des jeweils für den dem Veranlagungszeitraum entsprechenden Erhebungszeitraum festgesetzten anteiligen Gewerbesteuer-Messbetrags.